Horizonte
Mit seinem PhD-Projekt „Moves in Media Art“ erforscht Armin Medosch die Zusammenhänge zwischen techno-ökonomischem und künstlerischem Paradigmenwechsel. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung der Netzwerkgesellschaft aus der Nachkriegs-Matrix hochentwickelter Industriegesellschaften mit fortschreitender Automation und immer dichteren Mediennetzwerken. Die in diesen Netzwerken zirkulierende „Information“ wurde in der Hochzeit des sogenannten Fordismus als notwendiges „Feedback“ konzeptualisiert, das der Erlangung einer makroökonomischen Balance zwischen Produktion und Konsumation diente. Über mehrere Jahtzehnte entstand daraus die Netzwerkgesellschaft, die auf globalisierten Just-in-Time Produktionsketten beruht, gesteuert durch zunehmend sich autonomisierende Finanzmärkte. Dieses System ist in eine gesamtgesellschaftliche Krise geraten, aus der derzeit noch kein Ausweg abzusehen ist. Deshalb ist es notwendig, die materiellen und ideologischen Fundamente der Informationsgesellschaft einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Die Informationsgesellschaft wurde lange Zeit als eine Art Heilslehre gepredigt, die Informations- und Kommunikationstechnologien würden alle Krisen und Probleme der industriellen Massengesellschaft lösen. Dabei wurden der Information fantastische Potenziale und übernatürliche Kräfte zugeschrieben.
Die Reihe der „artists in residence“ mit dem Titel „Horizonte“ auf dem Messschiff Eleonore bietet eine ideale Gelegenheit, sich den ideologischen Geflechten der neoliberalen Informationsgesellschaft zu entziehen. Das Schiff als ein Kreislauf bestehend aus verschiedenen Elementen - Menschen, Tiere, Pflanzen, Technologien, Wetter - erlaubt es, das eigene Dasein auf dieser schwimmenden Insel aus einem systemtorientiertem Ansatz heraus zu reflektieren. Was geht hinein, was geht hinaus? Welche Informationen, Formen des Wissens, Rohstoffe, Abfälle? Durch die Beobachtung der Umwelt mit den eigenen, natürlichen Sinnen, aber auch durch die Arbeit mit künstlichen Erweiterungen der Sinnesorgane wie Kurzwellenradio und andere drahtlose Technologien, sowie durch Messreihen durchgeführt u.a. auf einer Boje in der Donau, entsteht eine erhöhte Sensibilität für die Verschränkungen zwischen der zumindest potenzial autonomen Eleonore und dem gesellschaftlichen System und dem von diesen geförderten Verhaltensweisen. Aus diesen Beobachtungen und Reflektionen entstehen Perspektiven für die Erneuerung künstlerisch-technologischer Praxis jenseits des Kunstmarktes und der Spektakelkultur der Festivals.
Die Veranstaltung am Freitag dem 20.8.2010 um 17.30 versteht sich als Form der selbst-organisierten Pädagogik. Interessierte sind eingeladen, bei hoffentlich gutem Wetter auf dem Deck der Eleonore zu einem freien Seminar zusammengekommen. Ein kurzes Impulsreferat stellt das Konzept der „Technopolitiken“ vor und zeigt auf, inwiefern sich das Projekt Elonore dazu verhält, bzw. eine Alternative entwickelt. Daraufhin wird zur gemeinsamen Diskussion eingeladen, in der alternative, kreative, soziale und künstlerische Technopraktiken im Zentrum stehen, die auf eine Überwindung des informationellen, netzwerkgestützen Finanzkapitalismus zielen.